Aus der Reihe "Sellemòls" von Gunter Altenkirch – Lohe schneiden
Der Mai war in den landwirtschaftlichen Dörfern der Beginn der umfangreichen Sommerarbeit. In diesem Monat mussten auch Arbeiten verrichtet werden, die für das Gerben von Häuten und Fellen der Tiere notwendig waren, denn die Rinden an den jungen Bäumen, vom Saft getrieben, ließen sich leicht lösen.
Heute wird ein Gerbsalz, auch Pökelsalz, genannt benutzt.
In den früheren Jahrhunderten wurde zum Gerben Lohe benutzt. Lohe ist stark zerkleinertes Rindenmaterial, vor allem von Eichen und Fichten. Der alte Ausdruck für das natürliche Material war Gerberlohe, das die Gerber aus der Lohmühle bezogen.
In den hiesigen Dörfern wurde noch vor hundert Jahren Eichenlohe zubereitet. Die jungen Eichen, etwa im Alter von 15 Jahren, mussten zu diesem Zweck mit einem „Lohschleißel“ (in unserer Mundart „Lohschlüssel“) geschält werden.
Das Wort Schleißen bedeutet „bersten, reißen sich spalten“, und war eine Arbeit der Männer. Mit dem Schleißel (siehe Abbildung) schlitzen sie die Rinde der jungen Eichen von unten bis zur erreichbaren Höhe auf. Anschließend wendete man das Werkzeug und benutzte nun den „Löffel“, mit dem man am unteren Ende die Rinde so weit lösen konnte, dass man mit beiden Händen auf der Rückseite des Baumes selbige nach oben von dem Holz abziehen konnte.
Die Rinde wurde nun oben am Baum abgeschnitten, wenn sie nicht von alleine abriss. Sie rollte sich ein und wurde von Frauen und Kindern gestapelt. Das Stapeln war eine leichtere Arbeit, bei dem in einer Lage die gerollten Rinden nebeneinander gelegt wurden und in der jeweils folgenden Lage quer darüber. So konnte der bis zu einem Meter hohe Stapel trocknen. War er trocken, wurde das Lohematerial von den Bauern in die Lohmühle gebracht und dort grobkörnig gemahlen.
Das abgebildet Werkzeug aus dem Rubenheimer Museum deutet auf die einst gefährliche Arbeit des Schleißens. Die Rinden waren nicht gleichmäßig dick und auch nicht gleichmäßig mit dem Holz verwachsen. So konnten die Schleißer mit der Hand leicht ausrutschen und sich verletzen. Deshalb wurde dieses Werkzeug aus einem Hufeisen geschmiedet. Der Griff ist innen hohl geblieben, die Nagellöcher sind noch zu erkennen.
Das Hufeisen, ein sehr altes magisches Schutzzeichen unserer Vorfahren sollte auch hier schützend wirken.
Gunter Altenkirch
Bildunterzeile: Schleißel zum Bearbeiten der Eichenrinde, Foto Gunter Altenkirch
Bild zur Meldung: Schleißel zum Bearbeiten der Eichenrinde, Foto Gunter Altenkirch